Was die Erinnerung der eigenen Jugend mit der Beziehung zum Jugendlichen zu tun hat.
Aktualisiert: 24. Juni 2021
Ein Beitrag eines Ex-Gamers.
#5 Mangelde Erinnerung an seine eigenen Jugend
Eltern, welche von uns Interviewt wurden, beschreiben immer wieder im Zusammenhang mit gamenden Jugendlichen ein ganz bestimmtes Gefühl. Ein Gefühl der Enttäuschung und vor allem das Gefühl etwas nicht richtig gemacht zu haben. Irgendwo etwas falsch gemacht zu haben und jetzt den Preis dafür zahlen zu müssen.
Dabei vergessen genau diese Eltern allzu oft, wie Sie damals mit ihren Eltern umgegangen sind, wie gerne auch Sie die von Mama und Papa auferlegten Regeln gebrochen haben, wie oft es dabei zu Streits kam und wie uneinig man sich über Politik oder den Umgang mit Psychoaktiven Substanzen war.
Diese Streitigkeiten mit den Eltern kamen nicht aus purer Bosheit oder Verachtung, sondern vielmehr aus tiefer Unsicherheit, mangelnder Selbstreflektion und fehlender Empathie. Oder, wenn man es anders ausdrücken möchte, dann gehört es schlichtweg zu den Aufgaben eines Jugendlichen sich von seinen Eltern abzugrenzen und ein eigenes soziales Netzwerk aufzubauen.
Das Problem dabei, ist in vielen Fällen jenes, dass Jugendliche deren Aufgabe es eigentlich wäre sich von Eltern abzugrenzen und ihr eigenes Leben aufzubauen, immer noch irgendwie Zuhause leben müssen und somit ein gutes Verhältnis zu euch Eltern ausschlaggebend ist. Sie sind nicht nur von euch Eltern abhängig, sondern sie werden in ihrem Verhalten auch noch kontrolliert und oft gibt es Versuche dieses Verhalten in die “richtige“ Richtung zu lenken. Dabei aber, fühlen sich Jugendliche wie erwachsene Menschen und wollen auch so behandelt werden.
Ich selbst konnte die Jahre zwischen 15 und 18 kaum in der „WG“ mit meinen Eltern aushalten. Ich habe mich, bedrängt, reguliert und einfach nicht verstanden Gefühlt, eine Phase die sich für mich nicht wirklich gut angefühlt hat, aber für meine Eltern noch viel schrecklicher war.
So gerne meine Eltern auch in dieser Zeit den Videospielen die Schuld für mein Verhalten gegeben haben, so waren die Videospiele nur ein Medium zu meiner Flucht von der Realität. Gleich gut hätte es alles andere sein können und das Problem war nicht der Computer, sondern viel mehr meine Orientierungslosigkeit und meine Angst vor dem Leben.
Auf was ich hinaus möchte, ist wie schnell man seine eigenen Phasen und die damit verbundenen Gefühle vergisst. Wie oft hattet ihr mit euren Eltern Stress? Monate geführte Diskussionen, über eigentlich so schient es zumindest im Nachhinein, belanglose Themen? Haben eure Eltern versucht ein Verhaltensmuster oder ein Umfeld in euer Leben zu unterbinden und schlechtzureden? Wie oft haben sie versucht euch etwas einzureden von dem ihr schlichtweg einfach nichts wissen wolltet? Wie oft habt ihr euch geschworen, dass ihr es anders machen wollt, wenn ihr mal in dieser Situation seit?
Und bitte, das letzte was ich mit diesem Text erreichen möchte, ist es euch Vorwürfe zu machen, vielmehr möchte ich euch daran erinnern, wie schnell man denn vergisst, und wie sehr man sich verändert. Ich möchte darstellen, dass sich Jugendliche in einer sehr komischen Phase befinden, in der ihr Hormonhaushalt komplett verrückt spielt, sich ihre Gedanken im Großteil um Sex und äußere Bestätigung drehen und man sich gleichzeitig unsichtbar und unberührbar fühlt.
Genau diese Jahre sind meist die stresshaftesten in einer Eltern-Kind Beziehung, dass muss ich euch ja nicht erzählen. In diesen Jahren lässt man sich als junges Hirn so leicht von verschiedensten Sachen fesseln, welche einen zu 100% davon überzeugen das richtige zu tun oder zu glauben. Weil man es selbst noch nicht besser weiß und auch irgendwie noch über die Freiheit verfügt sich exzessiv in irgendetwas zu vertiefen und genau das ist es, was ihr früher gemacht habt und eure Kinder jetzt machen.
Klar das Medium hat sich verändert, und anstatt seine Zeit mit fragwürdigen Aktivitäten in einer falschen Freundesgruppe zu verbringen, verbringt man nun seine Zeit mit “dummen“ Aktivitäten, verknüpft über ein unglaublich komplexes Netz, das sich das Internet nennt.
Videospiele leben teils von dieser jugendlichen Phase, manche Spiele sind zwar ab 18, werden aber kaum von 18-jährigen gespielt, sondern von 12 bis 17-jährigen. Einfach weil, dass die Phase im Leben der meisten männlichen Heranwachsenden ist, in dem ihr Hirn am stärksten auf diese Art von Input reagiert.
Vielleicht könnt ihr euch im nächsten Streit über die Bildschirmzeit eurer Kinder, einfach mal daran Erinnern, wie schwierig es eure Eltern mit euch hatten und trotz euerer dummen Entscheidungen und Phasen, irgendwie auch noch etwas aus euch geworden ist.
Zu den anderen Einträgen:
#1 Herabschauendes und verständnisloses Verhalten gegenüber dem Gaming-„Life Style“
#4 Das Kind zurückhaben wollen
#5 Mangelde Erinnerung an seine eigenen Jugend
Achja und wir haben auch noch einen Videokurs erstellt, der im Detail auf das eingeht, was Videospiele so Anziehend und Faszinierend für speziell Jugendliche macht und der im Detail darauf eingeht was ihr als Eltern machen könnt um euere Kinder bestmöglich in deren Entwicklung zu unterstützen.